Ein ProsaPoem von Margarete Federkeil Gaitzsch

-Der Briefträger kommt noch mal. Ich sehe ihn schon von weitem. Da kriege ich Angst. Und laufe schnell zu meiner Mutter. Sie macht den Brief auf. Und wird ganz weiß. Sie schreit laut zu dem Briefträger. Doch der rennt schnell den Berg runter. Dieser Verbrecher hat ihn auf dem Gewissen, schreit meine Mutter. Immer wieder. Dieser Verbrecher!-

Die Kinderjahre des Mädchens Marga, beschreibt Mararete Federkeil Gaitzsch in ihrem Buch. Marga, vor dem Zweiten Weltkrieg im Ruhrgebiet geboren, wird mit Mutter und Schwester ins Allgäu zu einer Bauernfamilie evakuiert. Eine fremde Welt, in die sie sich schnell eingewöhnt. Marga dem Kind, selbst noch fremd im Leben, fällt die Orientierung in neuer Umgebung noch nicht schwer. Die Protagonistin Marga erzählt mit kindlicher Stimme Alltagsbegebenheiten. Eine Aneinanderreihung von Erinnerungssplittern hervorgekramt aus einem Kinderhirn. Da wird keine Auswahl an Gewichtung und Bedeutung getroffen, sondern das Seilhüpfen mit Freundinnen steht auf gleicher Bedeutungsebene wie Ausgebombt werden, der Verlust der Puppe Helga, die zaghafte Sehnsucht nach Brüsten und späterer fraulicher Schönheit, die Entscheidung zwischen Mittelschule und Gymnasium.

Margarete Federkeil Gaitzsch berichtet aus der Sicht des Kindes vom Leben in den letzten Kriegsjahren und den Jahren danach. Für das Kind spielt der Krieg nur am Rand eine Rolle. So wird der Verlust des gefallenen Patenonkels für Marga dadurch greifbar, dass sie von nun an auf den Groschen verzichten muss, denn er ihr immer schenkte. Kein Groschen mehr, dass heißt, kein Patenonkel mehr.

Die zweite Stimme im Buch ist die lyrische Stimme der Autorin. Dieses Zusammentreffen der beiden Erzählstimmen macht für mich den Sog dieses Buches aus. Immer dann, wenn ich wütend ob der für mich nervenden, gewollt kindhaften Erzählsprache das Buch aus der Hand legen wollte, stand da ein Gedicht und raffte in seiner Kurzform das kindliche Erleben mit dem erwachsenen Erinnern zusammen. Eine merkwürdige Mischung, die es schaffte, mich am Lesen zu halten, obwohl mir Margas Sprache zutiefst zuwider ist.
Der Buchdeckel ist zu und zurück bleibt eine nachdenkliche Leserin mit Milieubildern aus unbekannter vergangener Zeit.
Im Dezember 2008 erhielt die Autorin von den „SalonLöwinnen“ einen Preis für ihre erste Buchveröffentlichung.

-Kindes Land- Ein ProsaPoem von Margarete Federkeil Gaitzsch, assoverlag 2008,  Euro: 14,90

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