Meine Füße bekommen auch bei dieser Wanderung, wie bei jeder Mehr-Tages-Tour so viel Aufmerksamkeit, dass die beiden Kleinen vollkommen verschreckt reagieren. Sie werden gereinigt, gecremt, gestreichelt und besprochen auf dieser Reise, denn sie haben die Hauptlast des Körpers zu tragen, also mich. Im Alltag ignoriert und versteckt, verlasse ich mich auf sie. Schritt für Schritt tragen sie mich, wehren sich nicht mit Blasen, geben dafür täglich ab km 15 schmerzhafte Zeichen, dass sie für heute genug gelaufen sind. Meist ignoriere ich sie dann erst einmal, aber ab km 19 streiken sie. Schleppen sich nur noch mit Aussicht auf Ruhelager die letzten Meter über den Weg. Wollen dafür dann belohnt werden mit oben beschriebener Aufmerksamkeit.
Allabendlich großes Hallo in den Unterkünften. Spanische, englische, schwedische, hollandisch-französische, deutsche und koreanische WeggefährtInnen begrüßen sich, als wären wir alle schon längst vertraut miteinander. Die Gespräche finden nur abends statt, unterwegs gibt es nicht mehr als ein hola und Buen Camino, was so viel bedeutet wie richtiger Weg, guter Weg. Die Freude darüber den Tagesweg geschafft zu haben, verbindet und bei Pilgermenü und Rotwein finden die Gespräche schnell eine Tiefe, die weit in die persönliche Lebensgeschichte Einblick gewährt. Warum läuft der/die andere diesen Weg und nimmt neben all der Schönheit der Landschaft und der Begegnung eben auch das Beschwerliche des Weges auf sich. Da spielen Verlust und Krankheit eine ebenso große Rolle wie die Fremdheit im eigenen Dasein und die Suche nach dem richtigen Leben.
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