7 Schritte, wie du wertschätzend Grenzen setzen kannst

Warum das Setzen von Grenzen für das eigene Wohlbefinden, die Gesundheit und die Beziehung notwendig ist, habe ich dir in meinem vorherigen Beitrag erläutert. Hier geht es jetzt darum, wie du deine Grenzen setzt – brachial und egozentriert oder wertschätzend. Wenn du es gern einsam magst in deinem Leben, empfehle ich dir Variante 1. Lebst du gern in einem sozialen Gefüge mit Familie und Partnerschaft, empfehle ich dann doch eher Variante 2. Doch bevor ich zu den 7 Schritten komme, noch ein kurzer Abstecher, warum ich Wertschätzung beim Grenzen setzen für den Gamechanger halte.

Wertschätzend Grenzen setzen – darum geht es

Wertschätzung spielt beim Setzen von Grenzen eine entscheidende Rolle, weil sie den Prozess positiv und konstruktiv gestaltet. Es geht nicht darum, ab jetzt nur noch deine Bedürfnisse durchzuprügeln. Sondern ich gehe davon aus, du achtest deine Grenzen ebenso, wie du die Grenzen anderer Menschen achtest. Im Miteinander, egal ob in einer romantischen Beziehung, einer Freundschaft, im Arbeitsleben – möchtest du mit anderen Menschen gut auskommen, authentisch Konflikte lösen und gemeinsam mit ihnen wachsen. Das nennen wir Therapeut:innen Beziehungen auf Augenhöhe 🙂

Vorteile vom wertschätzenden Grenzen setzen

  • Fördert positive Beziehungen: Wertschätzung zeigt, dass du die andere Person und ihre Gefühle respektierst, selbst wenn du Grenzen setzt. Dies kann dazu beitragen, die Beziehung zu stärken, statt Spannungen oder Entfremdung zu erzeugen. Positive und wertschätzende Kommunikation schafft eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit.
  • Erhöht die Akzeptanz: Wenn Menschen sich wertgeschätzt fühlen, sind sie eher bereit, die gesetzten Grenzen zu akzeptieren und zu respektieren. Wertschätzung kann den Unterschied ausmachen zwischen einer Grenze, die als gemeinsame Vereinbarung angesehen wird, und einer, die als harte Einschränkung empfunden wird.
  • Mindert Abwehrhaltungen: Eine wertschätzende Herangehensweise beim Setzen von Grenzen kann dazu beitragen, Abwehrhaltungen und Widerstände zu verringern. Menschen reagieren oft defensiv, wenn sie sich angegriffen oder missverstanden fühlen. Wertschätzung hilft, diese negativen Reaktionen zu minimieren.
  • Unterstützt effektive Kommunikation: Wertschätzung verbessert die Kommunikation, indem sie sicherstellt, dass Ihre Botschaft auf eine Weise übermittelt wird, die für die andere Person akzeptabel und nachvollziehbar ist. Eine wertschätzende Kommunikation ist klar, direkt und frei von Schuldzuweisungen oder Kritik.
  • Baut Selbstwertgefühl auf: Das Ausdrücken von Wertschätzung beim Setzen von Grenzen kann auch das Selbstwertgefühl der beteiligten Personen stärken. Es zeigt, dass ihre Bedürfnisse und Gefühle anerkannt und respektiert werden, was für das persönliche Wachstum und die Selbstachtung wichtig ist.
  • Fördert gegenseitigen Respekt: Wertschätzung signalisiert Respekt für die andere Person und ihre Bedürfnisse. Gegenseitiger Respekt ist die Grundlage für jede gesunde Beziehung, ob im privaten, beruflichen oder öffentlichen Raum.
  • Unterstützt die persönliche Entwicklung: Das wertschätzende Setzen von Grenzen lehrt nicht nur andere, wie sie mit dir umgehen sollen, sondern fördert auch dein eigenes Verständnis für die Bedeutung von Respekt und Wertschätzung in zwischenmenschlichen Beziehungen. Dies ist ein wichtiger Bestandteil der persönlichen Entwicklung und Reife.

Indem du beim Setzen von Grenzen Wertschätzung praktizierst, trägst du zu einer Kultur der Achtsamkeit und des Respekts bei, die über die unmittelbare Situation hinaus positive Auswirkungen hat.

wertschätzend Grenzen setzen - Zitat: Oprah Winfrey „Man lehrt die Menschen, wie sie einen behandeln sollen, indem man entscheidet, was man akzeptieren wird und was nicht.“

7 Schritte, wie du wertschätzend Grenzen setzen kannst

  1. Selbstreflexion und Bewusstsein: Beginne mit der Erkenntnis eigener Grenzen. Was sind deine Bedürfnisse, Werte und Prioritäten? Wie fühlst du dich in verschiedenen Situationen? Erkenne die Wichtigkeit, diese Grenzen zu respektieren, um dein Wohlbefinden zu sichern.
  2. Klare Definition der Grenzen: Definiere klar und konkret, was für dich akzeptabel ist und was nicht. Dies kann sich auf verschiedene Bereiche des Lebens beziehen, z. B. Zeit, Energie, Emotionen, physische Nähe. Es ist wichtig, dass diese Grenzen nicht nur dir selbst, sondern auch anderen klar sind.
  3. Kommunikation der Grenzen: Kommuniziere deine Grenzen auf eine klare, aber wertschätzende Weise. Vermeide Vorwürfe oder aggressive Töne.
    Nutze „Ich-Botschaften“ und drücke aus, wie du dich fühlst und warum bestimmte Grenzen für dich wichtig sind.
  4. Konsequenzen aufzeigen: Erkläre die Konsequenzen, die eintreten, wenn deine Grenzen nicht respektiert werden. Dies hilft anderen, die Wichtigkeit deiner Grenzen zu verstehen. Es geht nicht darum, mit Strafen zu drohen, sondern um die natürlichen Folgen, die sich für die Beziehung oder Zusammenarbeit ergeben können.
  5. Empathie und Verständnis: Zeige Empathie für die Bedürfnisse und Grenzen anderer. Dies fördert eine gegenseitige Respektkultur.
    Versuche, die Perspektive des/der anderen zu verstehen und sei offen für Dialog.
  6. Grenzen respektieren und anpassen: Sei bereit, deine Grenzen anzupassen, wenn sich Situationen oder Beziehungen ändern. Flexibilität ist für die Harmonie in Beziehungen wichtig. Achte jedoch darauf, dass Anpassungen nicht auf Kosten deines Wohlbefindens gehen.
  7. Selbstfürsorge und Unterstützung: Erkenne, dass es Herausforderungen geben kann, wenn du deine Grenzen setzt und verteidigst. Selbstfürsorge ist dabei essenziell. Suche Unterstützung bei Freunden, Familie oder professionellen Beratern.

wertschätzend Grenzen setzen - Zitat: Maya Angelou „Man muss lernen, nein zu sagen, ohne sich schuldig zu fühlen. Grenzen zu setzen ist ein Weg, sich selbst zu respektieren.“

Beispiele und Übungen für die einzelnen Schritte

1. Selbstreflexion und Bewusstsein

Beispiel: Nimm dir Zeit, um in Ruhe über deine persönlichen Werte, Bedürfnisse und Grenzen nachzudenken. Überlege, welche Situationen in der Vergangenheit in dir Unbehagen ausgelöst haben und warum.

Übung: Führe ein Tagebuch, in dem du deine Gedanken und Gefühle zu verschiedenen Situationen notierst. Identifiziere Muster, die darauf hindeuten, wann deine Grenzen überschritten werden. Welches deiner Muster lädt andere womöglich sogar dazu ein, deine Grenzen zu überschreiten?

2. Klare Definition der Grenzen

Beispiel: Definiere konkret, was für dich akzeptables Verhalten von anderen ist und was nicht. Zum Beispiel: „Ich finde es in Ordnung, wenn meine Kollegen mich um Hilfe bitten, aber nicht nach 18 Uhr oder an Wochenenden.“ oder „Ich koche gern für meine Familie, mag es aber nicht, dann auch noch den Tisch decken und das Geschirr allein abräumen zu müssen.“

Übung: Erstelle eine Liste deiner Grenzen bezogen auf verschiedene Lebensbereiche (Arbeit, Familie, Freundschaften) und formuliere sie so klar wie möglich.

3. Kommunikation der Grenzen

Beispiel: Wenn jemand eine deiner Grenzen überschreitet, kommuniziere dies sofort, direkt und freundlich. Zum Beispiel: „Ich schätze unsere Gespräche sehr, aber im Moment geht es mir nicht so gut. Doch ich würde das gern zeitlich begrenzen. Am liebsten wäre mir, wir reden, während wir gemeinsam spazieren gehen.“ oder „Es ist ok, wenn du anrufst, aber ich bitte dich, mich nicht nach 22 Uhr anzurufen, da ich dann zur Ruhe kommen möchte.“

Übung: Übe das Kommunizieren deiner Grenzen in Rollenspielen, z.B. mit einer vertrauten Freundin oder einer anderen vertrauten Person. Probiere verschiedene Varianten, wie du etwas sagst und frage nach der Wirkung deiner Worte. Achte dabei auch auf die Körpersprache deines Gegenübers.

4. Konsequenzen aufzeigen

Beispiel: Erkläre, welche Konsequenzen es haben wird, wenn deine Grenzen nicht respektiert werden. Zum Beispiel: „Wenn du mich weiterhin nach 22 Uhr anrufst, werde ich mein Telefon ausschalten.“ oder „Wenn ich koche und ihr mir nicht beim Tischdecken und abräumen helft, werde ich nur noch einmal in der Woche kochen.“

Übung: Denke über mögliche Konsequenzen nach, die du bereit bist umzusetzen, und schreibe diese auf. Bedenke bitte, dass Konsequenzen keine Strafen sind – weder für die anderen noch für dich. Achte bitte darauf, dass du mit kleinen Schritten beginnst, sonst wird deine Konsequenz schnell zu einer Sache, die dich selbst überfordert. Übe, diese Konsequenzen klar und ruhig zu kommunizieren.

5. Empathie und Verständnis

Beispiel: Zeige Verständnis für die Bedürfnisse der anderen Person, auch wenn du deine Grenzen setzt. Zum Beispiel: „Ich verstehe, dass du abends Zeit hast, um zu reden. Bei mir ist das anders, ich brauche abends meine Ruhe.“ oder „Ich weiß, dass du nicht gern den Tisch deckst und ich mache das auch nicht gern. Hast du eine Idee, wie wir das machen können? Mein Vorschlag wäre, wir wechseln uns ab mit Kochen und Tischdecken“

Übung: Versuche, dich in der Lage der anderen Person zu versetzen und formuliere deine Grenzen, indem du deren mögliche Gefühle und Bedürfnisse anerkennst. Übe empathische Kommunikation, indem du aktives Zuhören und Ich-Botschaften verwendest.

wertschätzend Grenzen setzen - Zitat: Michelle Obama „Es ist nicht egoistisch, sich selbst an die erste Stelle zu setzen. Es ist notwendig.“

6. Grenzen respektieren und anpassen

Beispiel: Sei offen dafür, deine Grenzen anzupassen, wenn sich die Umstände oder Beziehungen ändern. Zum Beispiel: „Du weißt, ich mag abends keine Telefonate. Doch ich merke, dass es dir nach der Trennung nicht gut geht. Es ist ok, wenn du mich in den nächsten Tagen abends anrufst. Ich gebe dir Bescheid, wenn es für mich nicht (mehr) geht“ oder „Für die zwei Wochen Prüfungszeit übernehme ich den kompletten Küchendienst. Aber ab dem 15. bist du wieder mit dabei.“

Übung: Reflektiere regelmäßig über deine Grenzen. Überlege, ob Anpassungen nötig sind und wie diese aussehen könnten, ohne dass du dich selbst vernachlässigst. Welche Kompromisse sind dir möglich, welche nicht?

7. Selbstfürsorge und Unterstützung

Beispiel: Achte darauf, dich selbst zu pflegen und dir Unterstützung zu suchen, wenn das Setzen von Grenzen emotional herausfordernd wird. Zum Beispiel: „Ich nehme mir Zeit für ein entspannendes Bad, nachdem ich ein schwieriges Gespräch geführt habe, um mich zu erholen.“

Übung: Entwickle eine Liste von Selbstfürsorgeaktivitäten, die dir guttun, wie Spaziergänge, Lesen, Malen, Holz hacken oder Yoga. Baue ein Unterstützungsnetzwerk auf, an das du dich wenden können, wenn du Rückhalt benötigst.

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Ich unterstütze dich gern dabei, deine Grenzen wertschätzend zu setzen.
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Herzliche Grüße

Zum Schluss

Wenn es dir bisher schwer gefallen ist, deine Grenzen zu definieren und zu benennen, dann sei bitte in erster Linie wertschätzend und liebevoll zu dir selbst. Sei geduldig und lass dich nicht entmutigen. Du hast schon so vieles in deinem Leben gelernt und bewältigt, deshalb bin ich sicher, es wird dir gelingen. Bedenke, dass das wertschätzende Setzen von Grenzen ein fundamentaler Aspekt der Selbstfürsorge ist. Es erfordert Mut und Selbstbewusstsein, ist aber entscheidend für (d)ein erfülltes und gesundes Leben. Durch die klare Kommunikation und den Respekt vor den eigenen Grenzen und denen anderer schaffst du dir eine Basis für Harmonie, Verständnis und gegenseitige Wertschätzung in deinen Beziehungen.

2 Kommentare

  1. Sylvia Tornau 3. März 2024 um 13:18 Uhr

    Liebe Wilhelmine, ich danke dir dafür, dass du mir immer wieder einmal eine Rückmeldung zu meinen Blogbeiträgen gibst. Das motiviert mich sehr, zum Weitermachen. Wärmende Grüße zu dir

  2. Wilhelmine Hoffmann 2. März 2024 um 18:27 Uhr

    Liebe Sylvia,

    ich danke Dir für deinen konstruktiv, hilfreichen Leitfaden zum liebevollen und klaren Setzen von Grenzen.

    Herzliche Grüße
    Wilhelmine

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Hallo, ich bin Sylvia

systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Seit über 20 Jahren arbeite ich mit Paaren, Familien und Einzelpersonen daran, negative Kindheitsprägungen und frühe Traumata zu lösen und ein Leben voller Selbstvertrauen, innerem Frieden und emotionaler Stabilität zu führen.
Für ein erfülltes Leben in Verbundenheit.

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