Monatsrückblick August 2022 – Achtsame Auszeit

Der August 2022 war der Monat, in dem ich mich ausschließlich mir widmen konnte. Ich stellte ihn unter das Motto Achtsame Auszeit. Drei Tage vor Abfahrt erhielt ich die Zusage. Die Reha wurde bewilligt. Mein Reha-Ziel: die Auswirkungen von Long-Covid mildern. Konzentrationsstörungen und plötzliche Müdigkeit, mit anderen Worten: die Augen nicht mehr offen halten zu können. All das hat mich über die Monate in eine Depression rutschen lassen. Das wollte ich so nicht hinnehmen.

Dieser Monatsrückblick ist deshalb ein Rückblick auf meine Achtsame Auszeit in der Brandenburgklinik in Bernau bei Berlin.

Achtsame Auszeit

All meine durch negative Google-Bewertungen geschürten Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Untergebracht war ich im Haus Barnim, dem psychosomatischen Teil der Klinik. Ich bezog ein helles, geräumiges Zimmer. Ich hatte Glück, auch ein Balkon gehört dazu. Das Gelände ist großflächig, mitten im Wald, was der Name Waldsiedlung nahelegt. Im Vorfeld wusste ich nicht, dass dieses Gelände die ehemalige Wohnstätte der SED-Politbüro-Mitglieder umschließt. Eine bessere Nutzung, als diese Inbesitznahme und Öffnung für alle, könnte ich mir nicht vorstellen.

Achtsame Auszeit

Vor dem Haupteingang zum Haus Barnim die Skulptur „Hate Love“. Passend zum Reha-Geschehen. Die einen lieben es doch andere halten an ihrer Unzufriedenheit fest. Der Ententeich ist ein wunderbarer Rückzugsort mit wahrlich vielen spektakelnden Tierchen.

Woche 1 – Geduld, nur Geduld

In der ersten Woche gab es lediglich ein paar Untersuchungen, aber keine Anwendungen. Ich war ungeduldig, wollte, dass es endlich losging. Doch das Konzept der Klinik besagt: Komm erst einmal an. Also machte ich, was ich in Momenten der Ungeduld häufig mache. Ich lief los und erkundete die Gegend. Wandlitz, Bernau und den Liepnitzsee.

achtsame Auszeit

Im Liepnitzsee die Füße kühlen, am Tennisplatz der Waldsiedlung ein leckeres Getränk zu mir nehmen… Genussvoll ankommen ist hier kein Problem.

Mit Papier und Buntstiften eroberte ich mir ein neues Feld der Entspannung: Neurographik. Zu einem Thema oder einer Fragestellung neurographische Linien zeichnen, abrunden und mit Farbe unterstreichen. Für mich eine großartige Achtsamkeitsübung.

Die Anwendungen

Ab Woche zwei gab es dann doch das volle Programm. Psychotherapiegruppe, Depressionsgruppe, Post-Covid-Gruppe, Kunsttherapie, Massagen, Wassergymnastik, Rückenschule und Biofeedback. Das Gute daran: ich hatte ein Mitspracherecht. Ich konnte Gruppen abwählen und dafür in andere Gruppen gehen. Qi Gong im Freien zum Beispiel, sieht albern aus, ist aber super entspannend für mich. Die Depressionsgruppe habe ich abgewählt, zu sehr hatte ich das Gefühl auf Arbeit zu sein und in die Therapeutinnen-Rolle zu rutschen.

Achtsame Auszeit

Geprägt sind die Tage hier von viel Sport, Bewegung und Entspannung. Das tut mir nicht nur körperlich gut.

achtsame Auszeit

Meine Lieblingstherapie – Kunsttherapie. Kopf ausschalten und mich von den Farben und Materialien verführen lassen. Papier reißen, kleben, einfärben. Auf dem Bild – der Ort meiner Zukunft.

Freizeitgestaltung

Trotz des vollen Terminkalenders bleibt viel Zeit für die Freizeitgestaltung. Ausflüge, kleine Wanderungen und Spaziergänge, Hörbuch hören, Online-Workshops besuchen, mit den Liebsten telefonieren, Lesen, Schreiben und in Ellas Bastelstube basteln. Sehr zufrieden bin ich damit, dass ich in der ganzen Zeit hier nur zwei Mal einen Film angeschaut habe. Auch gelingt es mir gegen Ende der Reha immer häufiger nachts schon gegen 1 Uhr das Licht auszumachen.

Achtsame Auszeit

Eigentlich sehe ich mich ja nicht so als die Bastelmaus, aber die Vielfalt der Materialien in Ellas Bastelstube war doch sehr verlockend, mich auszutoben. Der Lebensbaum aus Drahtgeflecht wird künftig eines meiner Zimmer zieren.

Egal bei welchem Wetter, der Wald hier lockt und beruhigt das Nervensystem. Zum Glück bin ich mit wetterfester Kleidung ausgestattet.

Ich habe mich so sehr gefreut über den Sternenhimmel, der hier fast jede Nacht zu sehen ist. Bisher ist es mir nie gelungen ein Foto davon mit der Handykamera zu machen, dank meines Oppo, ist dies jetzt doch möglich.

Nicht ganz so schön

Natürlich gibt es auch Dinge, die hier nicht ganz so fein waren. In den ersten Tagen, waren es ziemlich aggressive Wespen, die mich in mein Zimmer vertrieben. Am Tag vor dem Regen wurde die Schwimmhalle gesperrt, weil ein Stück der Decke runtergefallen ist. Am Tag des großen Regens, ich war gerade bei der Wirbelsäulen-Gymnastik, gab es Feueralarm. Die linke Körperseite war gerade fertig, mit der rechten hatten wir noch nicht begonnen. Wegen des Alarms brachen wir ab: Ergebnis 3 Tage Muskelkater auf der linken Körperseite. Der Alarm war jedoch eher Wasser-Alarm. Das Gebäude ist doch sehr renovierungsbedürftig.

Ein Wasserfall auf meinem Balkon und überall im Haus gab es undichte Stellen. Ich bin ziemlich froh, dass noch Sommer ist, da macht so ein wenig Nässe nichts aus.

Unschön finde ich auch, dass mich die Rentenversicherung Mitteldeutschland erneut zappeln lässt. Drei Wochen vor dem regulären Ende der Reha beantragte die Therapeutin zwei Wochen Verlängerung. Ende August bis zum 04.09. ist noch keine Rückmeldung da. Das macht unruhig und unzufrieden, weil ich nicht weiß, soll ich packen oder nicht?

Vier Tage vor der eventuellen Abreise entdeckt – mein Spiegel wurde abgetreten. Erst dachte ich abgefahren, aber mein Auto stand so, dass dabei die Autos vor und hinter meinem Ka ebenfalls etwas abbekommen haben müssten. Haben sie aber nicht. Bei genauerem Hinsehen war mein Auto nicht das Einzige mit traurigem Spiegel.

Sehnsucht nach Familie

Ich gebe es zu, ich leide unter Momo und Lene-Entzug. Klar haben wir ab und an telefoniert, aber das Miteinander, die Kuscheleinheiten und das obligatorische „Oma, weißt du…“ fehlen doch sehr. Auch für Andreas und mich ist es eine harte Zeit, die wir mit Videotelefonie so gut es geht zu überbrücken versuchen.

achtsame Auszeit

Kleine Mitbringsel, gesammelt in einer Kiste, verkürzen mir die Sehnsucht. Ich stelle mir die leuchtenden Augen und das aufgeregte Zappeln vor. Diese Vorfreude lässt mich die Abwesenheit ertragen.

Was ich im August gelernt habe

  • Viele verschiedene Atemmeditationen und dass Ameisen hervorragende Meditationsobjekte sind,
  • Dass es außer dem Heilmittel Zeit aktuell noch nichts gibt, was gegen die überfallartige Müdigkeit hilft,
  • Auch wenn Entscheidungen schmerzhaft sind, wenn es die richtige Entscheidung war, vergeht der Schmerz relativ schnell,
  • basteln macht Spaß,
  • Geduld ist keine meiner Stärken (wusste ich schon, wurde aber noch einmal daran erinnert).

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Mehr Informationen

Mein August in Zahlen

  • 22 Mal verordnete Bewegung, plus einige Wanderungen und längere Spaziergänge
  • 3 Blogbeiträge und 4 öffentliche und 8 nicht gelistete YouTube-Videos
  • 17 Neurographiken gezeichnet

Was mich sonst noch beschäftigt hat

Nach einigen Wochen der Überlegung bin ich von meinem Posten als Beirätin zurück- und aus der Autorinnenvereinigung e.V. ausgetreten. Der neue Vorstand geht einen Weg der Nichtkommunikation, traf Entscheidungen (das gute Recht eines Vorstandes) die meine Arbeit der letzten Jahre einfach hinwegfegte. Das allein hätte ich nicht schön gefunden, aber vielleicht sogar verstanden. Wenn es mit mir besprochen worden wäre. Wurde es nicht. So habe ich es als Botschaft genommen und bin ausgetreten. So kann ich in meiner Freizeit meinen Fokus auf auf mein Onlinebusiness legen. Dem Verein und dem neuen Vorstand wünsche ich gutes Gelingen beim Umsetzen der neuen Pläne.

achtsame Auszeit

Im August war für mich das Thema Positionierung noch einmal wichtig und wird mich auch im September noch beschäftigen. Ganz nebenbei ist das Logo entstanden, welches ich sehr mag.

Christin (Tini) und ich haben uns am ersten Tag angelächelt, sind miteinander ins Gespräch gekommen und haben 5 Wochen lang jeden Tag Zeit miteinander verbracht. Wir haben Ausflüge gemacht, waren wandern und gemeinsam in der Bastelgruppe. Wir haben uns gegenseitig unterstützt und motiviert. So lernt man sich doch sehr intensiv kennen. An dieser Stelle sage ich schon mal „Vielen Dank liebe Tini, für die gemeinsame Zeit!“

Fazit dieses Reha-Monats

So ein Monat ohne Verpflichtungen, ohne Anforderungen bedeutet viel Zeit für mich. Genutzt habe ich die Zeit zur Selbstreflektion, zum Schlafen, für intensive Körperpflege und natürlich auch, um endlich wieder Bewegung in die müden Knochen zu bringen. So ein Reha-Monat ist eine Auszeit, ist Luxuszeit und diese habe ich achtsam für mich genutzt. Auch dafür, mir noch einmal zu verdeutlichen, was ich in meinem Leben schon alles geschaffen habe, was ich erreicht habe. Damit meine ich nicht die Erfolge im materiellen Sinn – wobei ich darauf schon auch ein wenig stolz bin, dass ich ohne familiäre oder sonstige finanzielle Hilfen mein Leben mit Kind gemeistert habe. Viel wichtiger sind mir die Erfolge in meinen Beziehungen. Stabile Partnerschaft, enge Beziehung zu meiner Tochter und Enkeltochter und unterstützende Freundschaften. Das ist es doch, worum es mir in erster Linie in meinem Leben geht: die Verbundenheit mit mir und die autonome Verbundenheit in all meinen Beziehungen. (Was autonome Verbundenheit ist, verrate ich dir in einem der nächsten Beiträge).

 

 

Vielen Dank fürs Lesen. Ich freue mich, wenn du mir ein Abo oder einen Kommentar da lässt.

In Verbundenheit

 

 

 

 

 

 

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Hallo, ich bin Sylvia

systemische Therapeutin, Trauma-Coach und Bloggerin. Seit über 20 Jahren arbeite ich mit Paaren, Familien und Einzelpersonen daran, negative Kindheitsprägungen und frühe Traumata zu lösen und ein Leben voller Selbstvertrauen, inneren Frieden und emotionaler Stabilität zu führen.
Für ein erfülltes Leben in Verbundenheit.

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